In Hollywood nennt man sie „Celebrity Whisperer“, die Starflüsterin. Ivana Chubbuck (71) ist eine Schauspiellehrerin, die aus Stars Superstars macht. Ihr größter Coup: ein Typ, der einst im Hühnchen-Kostüm über den Sunset Boulevard von Los Angeles hüpfte, um Werbung für die Fast-Food-Kette „El Pollo Loco“ zu machen. Seine Hühnchen-Dollar investierte er in Coaching bei Ivana. Hat sich gelohnt, heute kennt man Brad Pitt auf der ganzen Welt. Nur einer von vielen namhaften Klienten, wie Sharon Stone, Gerald Butler, Jared Leto, Jim Carrey, Jake Gyllenhaal oder Eva Mendes, die Ivana verehren wie einen Guru. Weil sie ihre Klienten dazu bringt, Potenziale abzurufen, denen sie sich gar nicht bewusst sind.
Schwäche in Stärke wandeln
„Es ist wichtig, dass meine Schüler Dinge rauslassen, wofür sie sich normalerweise schämen. In Folge zeige ich ihnen dann, wie man seine Ängste und Schwächen als Instrument benutzt, um daraus etwas Positives zu schaffen – nämlich eine glaubwürdige Rolle, die auf persönlichen Gefühlen und Lebenserfahrungen beruht. Schwäche in Stärke wandeln, darum geht’s,“ erklärt mir Ivana im Interview. Das Credo dahinter: Nur wer die Hosen runterlässt, kann das Publikum inspirieren. Und für Ivana ist es die oberste Verpflichtung eines Künstlers, den Menschen Hoffnung zu geben. „Und das geht nur, wenn man ihnen vorlebt, wie man seine eigenen Dämonen besiegt hat.“
Wenn aus Stars Superstars werden
Bei Sylvester Stallone hat es funktioniert. Ivana zwang ihn in Vorbereitung zu „Creed“ den Tod seines Sohnes Sage († 2012) zu verarbeiten. „Schuldgefühle fraßen ihn auf und blockierten ihn, ich habe ihm gezeigt, wie er den Schmerz nutzen kann.“ Hat funktioniert, so sensibel und authentisch, hatte man den Altstar seit „Rocky“ nicht mehr gesehen – brachte ihm einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung ein. Seitdem schwärmt Stallone öffentlich darüber, wie Ivana ihm half, den Schmerz rauszulassen und wie viel Erleichterung ihm das brachte.
Genau wie bei Halle Berry, die für ihren Seelenstriptease in „Monster’s Ball“ (2002) als erste afroamerikanische Schauspielerin den Oscar als beste Hauptdarstellerin abräumte und diesen bei der Verleihung ihrer Lehrerin widmete. Die rassistische Filmthematik war ihr zwar aus eigener Kindheit bekannt, aber den Schmerz des Ausgegrenzt seins hatte Ivana mit ihr abgerufen.
Ähnlich bei Charlize Theron. „Ursprünglich ein schwaches Mädchen, mit dramatischer Kindheit, die ihre innere Macht abgegeben hatte und stets in der Opferrolle lebte. Wir haben all ihren Schmerz genommen und daraus eine Kraft entwickelt, die sie zu einer starken Frau werden ließ. Heute wird Charlize bevorzugt als Heroin besetzt.“ Wie in „Mad Max“, der sechs Oscars einfuhr.
Die Bibel der Hollywoodstars
Natürlich hat Ivana Chubbuck längst ein Buch geschrieben. In „The Power Of The Actor“, das Eva Mendes als ihre Bibel bezeichnet, beschreibt die ehemalige Schauspielerin und studierte Anthropologin Chubbuck, ihre, auf Psychologie und Verhaltensforschung basierende Technik in einem Zwölf-Schritte-System. „Eine Technik, die es ermöglicht, eine Rolle so zu begreifen und zu verkörpern, dass die Rolle zu dir wird und du zur Rolle.“ Wohlgemerkt ohne sich dabei selbst aufzugeben oder zu beschädigen, wie das bei dem „Method Acting“ der Stanislawski-Schüler früher oft der Fall war.
„Man muss kein Heroin nehmen, um einen Junkie zu spielen!“
Die Lee Strasberg-Schülerin Angelina Jolie hat das bei der Verkörperung des drogensüchtigen Topmodels Gia („Gia – Preis der Schönheit“ 1998) noch anders gehandhabt – ihre Augenringe bei der damaligen Golden-Globe-Verleihung sprachen Bände. Und River Phoenix († 1993) hatte das intensive Eintauchen in die Rolle des drogensüchtigen Strichers Mike Waters („My Private Idaho“) einst sogar das Leben gekostet. „Totaler Wahnsinn“, wie Ivana meint, „ich kann in sechs Schritten jeden dazu führen, dass er sich organisch stoned, betrunken oder schwanger fühlt.“ Bei Beyoncé Knowles hat es funktioniert. Als Etta Jones in „Cadillac Records“ (2008) sah sie nach Ivanas Therapiesession nicht nur aus wie ein Junkie, sondern fühlte sich auch so, wie sie Interviews berichtete.
„Brad hat eine Arbeitsmoral, die alles in den Schatten stellt.“
Ivana kann angeblich jedem etwas lehren, solange man bereit ist, hart an sich zu arbeiten. Arbeit sei wichtiger als Talent, das könne man auch kreieren. „Niemand wird als Schauspieler geboren, das ist ein Ausbildungsberuf. Und wer richtig Erfolg haben will, muss sich dafür den Arsch aufreißen.“ Beispiel Brad Pitt: „Brad hat eine Arbeitsmoral, die alles in den Schatten stellt, was ich jemals gesehen habe. Als ich ihn als jungen Mann kennenlernte, hatte er noch diesen dämlichen Job als Hühnchen-Promoter, um sich über Wasser zu halten. Er verzichtete auf jegliches soziales Leben und kümmerte sich um nichts anderes als um die Schauspielerei. Dabei ging es ihm nie um Ruhm, sondern um die Kunst. Er arbeitete immer doppelt so hart wie andere, war bereit, Risiken einzugehen und hatte keine Angst zu versagen. Das ist es, was einen echten Star ausmacht.“
„Essen verleiht ihm mehr Präsenz.“
Noch heute nimmt Brad Pitt gelegentlich Ivanas Hilfe in Anspruch, wenn es darum geht, neue Akzente zu setzen. So wie einst das mit dem Essen. Man sieht Brad Pitt in seinen Filmen immer wieder beim Futtern. „Einfach, weil das sein Ding ist. Essen hat etwas sehr Ursprüngliches und verleiht ihm viel mehr Präsenz, als wenn er nur reden würde. In ‚Ocean Eleven’ gibt es allein 15 Szenen, in denen er nur isst. Bei Gruppeneinstellungen ist der dadurch derjenige, den man ansieht, weil er etwas tut. Er zieht die Aufmerksamkeit immer automatisch auf sich, nicht umsonst ist er heute einer der bekanntesten Stars der Welt.“
Therapie für jedermann
Wer Brad Pitt & Co. nacheifern möchte, kann Ivana Chubbuck Workshop im September in Berlin besuchen. Jeder ist willkommen, denn lernen kann man von ihr auch für den Alltag, wie sie meint, schließlich habe man doch überall auf der Welt die gleichen Probleme und den gleichen Schmerz zu bewältigen. Sie weiß, wovon sie spricht. „Ich wurde von meiner Mutter misshandelt, vom Vater ignoriert, habe nie Liebe erfahren, nahm Drogen und war sehr selbstzerstörerisch. Letztlich geht meine ganze Lehrtechnik auf die Verletzungen meiner eigenen Kindheit zurück und meine Fähigkeit, sie zu überwinden.“ Das zu teilen, sei ihre Mission: „Es schauen mehr Menschen Fernsehen als in die Kirche gehen. Daher kann man durch unsere Kunst mehr Menschen Hoffnung und Glauben geben als mit jedem Gottesdienst.“
Jolie war Gift für Pitt
Für meine HDS-Freunde: Brad Pitt ist ein „Milz-Projektor“ und nicht für harte Arbeit geschaffen. Dass er bei all der Schufterei und dem Wirbel um seine Person, irgendwann alkoholsüchtig wurde, ist daher nicht weiter verwunderlich. „Ich konnte einen Russen mit seinem eigenen Wodka unter den Tisch trinken“, gestand der mittlerweile trockene Hollywood-Beau nach seiner Entwöhnungstherapie. Dank seiner Milzautorität hat er es unbeschadet überstanden. Seine Ex-Frau Angelina Jolie war sicher Teil des Problems gewesen. Angelina ist eine Generatorin mit emotionaler Autorität und ausgeprägtem Ego. Eine denkbar ungünstige Konstellation. Ja, bestimmt sogar toxisch. Bildlich erklärt: Brad Pitt ist ein Reh, Angelina eine Kobra. Ihre Trennung war daher unumgänglich.
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