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Warum ich 2023 keine Träne nachweine

Das war’s also mit 2023. Ich werde dem Jahr keine Träne nachweinen. Es fing schon beschissen an, als mein Hausarzt plötzlich ohne Vorwarnung einfach so in Rente ging. 16 Jahre lang hatte er mich gepflegt. Was nicht ohne war, denn ich war einst ein klein wenig akribisch, was meine Gesundheitsvorsorge anbelangte, ja, ein paar Ignoranten hatten sogar mal von Hypochondrie gesprochen. Wöchentliche Besuche waren daher Standard in unserer Kennenlernphase. Nachdem irgendwann Vertrauen bestand, hatte ich mich von einem halben Dutzend anderer medizinischer Berater getrennt und mein Leben quasi in seine Hände gelegt. Und ich hatte irgendwann eingesehen, dass Michael – natürlich duzten wir uns irgendwann – noch andere Patienten behandelte und wir hatten uns auf vier Routine-Check-Ups und zwei Aderlässe pro Jahr geeinigt. 

Meine Nasenscheidewandkorrektur im Mai 2023 rangiert ganz klar unter den Top 10 der Fehlentscheidungen meines Lebens. Die sogenannte Septumplastik sei ein kleiner Routineeingriff und sollte meine Lebensqualität binnen eines Monats auf ein anderes Level heben, hieß es. An Weihnachten hatte ich noch immer Nasenbluten. Das kommt davon, wenn man fremden Ärzten vertraut. Eine Bekannte ist am gleichen Eingriff wenige Wochen später sogar gestorben.

Aderlass ist wie Sex, nur ungefährlicher

Damit war dann plötzlich Schluss. Die Ärztin, die seine Praxis samt Patienten übernahm, war nicht gewillt, mich in gewohnter Manier weiterzubehandeln und verweigerte mir meinen Aderlass. Ja, sie meinte sogar, ich sei gesund. Natürlich hat die Dame mich nie wieder gesehen. Wer will schon einen Arzt, der einen dermaßen beleidigt?

Das Jahr fing also mit einem kleinen Casting-Marathon an, bis ich einen neuen Hausarzt gefunden hatte. Was nicht einfach war, denn viele Weisskittel lehnen Aderlässe prinzipiell ab. Ich wurde fündig und durfte zur Begrüßung erstmal 400 ml Blut ablassen. Herrlich! Andere haben Sex, um Druck abzubauen, ich lass‘ einfach Blut ab.

Achtung: Penisbruch!

Zumal ein Aderlass deutlich ungefährlicher ist als Sex. Man bedenke, was man sich beim intimen Kontakt alles für Krankheiten einfangen kann. Ganz zu schweigen vom Penisbruch, der laut einer aktuellen urologischen Studie besonders häufig an Weihnachten auftreten soll. „Wenn jeder Tag wie Weihnachten wäre, hätten wir in Deutschland 43 Prozent mehr Penisbrüche“, so der Forschungsleiter von der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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Weihnachten ist, wenn Cowgirls rücklings auf Rentieren reiten

Was treiben die Leute bloß an Weihnachten? Ich dachte zuerst an Nikolaus-Spielchen mit der Rute und so, aber nein, es hat, wenn überhaupt, eher etwas mit Rentier-Fantasien zutun. Die Verletzung tritt laut Studie zumeist in Positionen auf, in denen man keinen direkten Augenkontakt hat. In der sogenannten Reverse-Cowgirl-Position, einer Abwandlung der Reiterstellung. Und da der Penis keinen Knochen hat, bricht zwar streng genommen nichts, aber es würde sich genauso anhören und auch anfühlen. Autsch!

Im Klartext bedeutet das: Während ich meinem Enkelsohn an Weihnachten Märchen vorlas, ist im Nachbarhaus ein anderer Kerl unterm Tannenbaum rücklings von einem Cowgirl geritten worden. Yee-haw!

Dürfen Opas noch Sex haben?

Die Studie stürzte mich in eine mittelprächtige Sinnkrise. Nicht, dass ich meinem Enkel nicht gerne vorlesen würde, aber dennoch, ich kann mich kaum an meinen letzten Sex erinnern, zumindest an nichts derart Akrobatisches. Was läuft da schief in meinem Leben? Bin ich irgendwo falsch abgebogen? Oder ist es vielleicht einfach nur das Alter? Ich habe für gewöhnlich deutlich jüngere Partnerinnen. Nicht, weil ich so ein Aufreißer-Typ wäre, nein, aber das ergibt sich immer irgendwie. Die jungen Damen, die mich 2023 via Social Media anschrieben, wollten jedoch keine romantischen Dates, sondern boten mir Krypto-Deals oder Nacktfotos zum Kauf an. So viel zu meiner Außenwirkung. 

Gestern noch stellte man mir bei Model-Jobs halb so alte Partnerinnen an die Seite

2023 wurde ich als Daddy dieser Brasilianerin besetzt.

„Wie kann ein Mann einen Mann vergewaltigen?

2023 war nicht gerade ein Ego-Booster, das kann man sportlich sehen, aber was mir wirklich regelmäßig die Laune vermieste, war der  Russenkrieg. Bei besagtem brasilianischen Dreh fragte mich meine Maskenbildnerin doch tatsächlich, wie denn ein Mann einen Mann vergewaltigen könne. Sie hätte gehört, dass die russischen Soldaten nicht nur Frauen, sondern auch männliche Ukrainer vergewaltigen würden. Ich war baff ob der schrägen Frage und meinte nur, wie soll das schon gehen, Analverkehr halt. Ja, das sei ihr schon klar, aber sie wollte wissen, wie man denn in so einer Situation als Mann eine Erektion bekommen könne. Das konnte ich ihr natürlich nicht beantworten. Ich hatte nie darüber nachgedacht, aber seitdem geht mir das nicht mehr aus dem Kopf. Dass man Menschen töten kann, aus Hass, Wut oder eben im Krieg, kann ich nachvollziehen, aber wie kann man aus Hass vergewaltigen? Ich vermag es mir nicht vorzustellen. Auch nicht, wie man danach weiterleben kann. Kein Wunder, dass die Israelinnen, die das Massaker auf dem Musikfestival überlebten, berichteten, dass sie allesamt bereit gewesen wären sich das Leben zu nehmen, wenn sie in ihren Verstecken entdeckt worden wären.

Petri heil, Elmar!

Ja, die Welt ist grausam. Auch in meinem privaten Umfeld gab es 2023 einige Todesfälle, die mich erschüttert haben. Im Gegensatz zu früher, als die Menschen um mich herum aufgrund ihres toxischen Lebensstils starben, was mich zumeist nicht weiter wunderte, sterben sie heute an „ganz normalen“ Krankheiten, wie Krebs oder Herzinfarkten. Und oft auch viel zu früh und unerwartet. So, wie Elmar Wepper. Am Vorabend saß er noch in fröhlicher Runde beim Italiener, am nächsten Morgen war er tot. Herzinfarkt. Mit lächerlichen 79 Jahren.

Für Fischer rollt Petrus bestimmt den roten Teppich aus

Ich erinnere mich noch gut an unseren letzten Angelausflug an sein Lieblingsfischwasser, die Traun am Chiemsee, wo wir seinem älteren Bruder Fritz mit vereinten Kräften in die Stiefel helfen mussten, da dieser lange nicht so fit war wie Elmar. Fritz ist dem Tod bereits mehrfach von der Schippe gesprungen, kein Mensch hätte gedacht, dass er seinen kleinen Bruder überleben würde. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt.

Yin – die neue weibliche Energie in meinem Leben

Mir hat der liebe Gott letzten Sommer ein Katzenbaby geschickt. Wahrscheinlich, weil er meine Schwermut nicht mehr ertragen konnte. Es hat gewirkt. Die kleine Yin (ja, ich habe ihr natürlich einen chinesischen Namen gegeben) hat mein Leben lebenswerter gemacht. Es gibt so Sachen im Leben, die man nie vermisst hat, aber wenn sie einmal da sind, dann fragt man sich, wie man vorher ohne sie leben konnte. Bisher waren das mein Dyson Akkusauger, der Aderlass und mein E-Bike gewesen, jetzt eben auch noch Yin. Wobei das kleine Luder nicht so devot ist, wie ich das gerne hätte. Anlangen oder gar schmusen darf ich sie nur wenn ihr gerade danach ist. Meistens so zwischen vier und sechs Uhr früh. Trotzdem bin ich der Mittelpunkt ihrer Welt. Sie klebt ständig an mir. Wohl auch in Ermangelung von Alternativen. Und natürlich, weil ich ihr Dosenöffner bin. 

Wenn die Katze einen mehr liebt als der Enkel

Zumindest bringt mir Yin mehr Liebe entgegen als mein 16 Monate alter Enkel Oskar. Der fing doch unlängst bei einem Video Call tatsächlich das Heulen an. Nicht vor Freude, sondern aus Angst. Beruhigt hat er sich erst, als ich die Miau-Katze ins Bild rückte. Klar, dass ich da an Weihnachten hinfahren musste, um das alles mal etwas aufzulockern. Leider mögen meine Kinder keine Katzen. Ja, ich weiß, da ist einiges schief gelaufen in der Erziehung, aber was will man machen. Ich habe mir daher über die Weihnachtstage eine Katzen-Babysitterin besorgt und mit Yin am 22.12. eine kleine Pre-Christmas-Party organisiert.

Explosive Weihnachtsparty

Wir hatten gerade eine entspannte Yin Yoga Online-Stunde mit Jo Phee auf Bali hinter uns gebracht. https://yinspiration.org Das Käsefondue stand auf dem Herd, Dean Martin sang Jingle Bells, der Adventskranz leuchtete, als plötzlich draußen der Feueralarm losging. Ich rannte raus, um festzustellen, dass mein geliebtes E-Bike explodiert war. Also genauer gesagt der Akku. Einfach so, ohne erkennbaren Grund. Passiert angeblich öfter, wie man mir später erklärte. Die brennenden Trümmer flogen in alle Himmelsrichtungen. Bis in den dritten Stock meines Gebäudes. Ich hatte mein Bike ausgerechnet neben einem Tesla geparkt und bemühte mich so gut ich konnte mit einem Feuerlöscher um Schadensbegrenzung. Das Ding war nicht zu löschen, Feuerwehr und Polizei mussten anrücken, Haus beschädigt, ich beschädigt, die Nachbarn außer Rand und Band, ein Riesendrama! Gott sei Dank saß ich nicht auf dem Sattel als es knallte, denn der Akku befindet sich unter meinem Hintern, genau zwischen meinen Beinen. Das wäre mehr als nur ein Penisbruch gewesen.

„Wo ist die Miau?“

Die stille Zeit war somit eingeleitet. Lauter oder schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Auch der Umstand, dass der kleine Oskar mich bei Ankunft in der Pfalz mit Missachtung strafte, weil ich die Miau nicht mitgebracht hatte, nahm ich sportlich. Nächste Weihnachten bringe ich ihm einfach ein Katzenbaby mit. Kinder sind ja Gott sei Dank käuflich. In Vorbereitung habe ich Oskar zu Weihnachten ein paar Tigergeschichten von Janosch in seine Toniebox eingesprochen. Dafür hatte ich extra zwei Sprecher-Semester an der Deutschen Pop Akademie absolviert, was man halt so macht als Opa.

Mach dich locker, Opa!

Dafür wurde Opi dann auch reich beschert. In meinem Geschenkekorb lag eine Weihnachtskugel mit der Aufschrift „Bester Opa“. Außerdem Nüsse, Schokolade und eine Packung mit Psilocybin-Trüffel. Genauer: „Mexicana – Flesh oft he Gods“ Teile der Familie waren wohl der Meinung, dass der Opa sich mal locker machen soll. Das Produkt, das in Amsterdam frei verkäuflich ist, hat laut Verpackung dreieinhalb von sechs möglichen Sternen, was die visuellen Effekte anbelangt. Vielleicht reichen die Halluzinationen ja aus, um mir auch mal eine Reverse-Cowgirl-Nummer zu gönnen, ohne dass meine Nudel danach wie eine Aubergine aussieht. Daran erkennt man nämlich, laut Studie, den Penisbruch.

Das Medienecho auf mein Buch versöhnte mich ein wenig mit 2023

4 Kommentare

  1. Christian F. Christian F.

    Hallo Armin,

    ich finde Hank Moody aka David Duchovny passt super gut zu dir.
    Auch die Zigaretten passt zu deinem Buch. Leider fehlt der Kioskbesitzer mit der Zigarettenschachtel auf dem Cover.
    Viele Grüße aus Alzey

  2. Heide Heide

    Bitte bitte, Armin, bleib Armin – auch für die USA! Oder grad erst recht…

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