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Weihnachten im Lockdown also. Das scheint zwar notwendig, aber ist trotzdem traurig. Weihnachten ist eigentlich das Fest der Nächstenliebe. Stattdessen sind jetzt Rückzug und Innenschau angesagt. Sollen angeblich die wahren Werte Weihnachtens sein, wie ein paar Schlaumeier es schönreden wollen. So ein Blödsinn. Ich habe dieses Jahr genug Innenschau betrieben. Ich sehne mich nach Gruppenkuscheln und Halligalli. Vor allem ohne Masken. Die Knebel gehen mir auf die Nerven. Dabei hatte ich es doch tatsächlich über Monate geschafft, die Dinger nie länger als einen Supermarkteinkauflang zu tragen.
Lebensbedrohliche Discountwelle
Bis der November-Shoppingwahnsinn losging. Da meine Freundin, wie alle Chinesinnen – soviel Klischee sei erlaubt -, ein klitzekleines Kaufsuchtproblem hat, kam ich ihr, als die Discountwelle über uns hereinbrach, nicht mehr aus. Prime Day, Cyber Monday, Black Friday, Single Day, X-Mas-Deal, ich hatte ja keine Ahnung was da so alles möglich ist. Schwindelerregend. Wortwörtlich. Schon während meines ersten Einkaufsmarathons zog es mir den Stecker. Ich japste nach Luft, mir wurde schwindelig und ich fiel um. Mitten in der Wäscheabteilung. Bähm. Covid hat mich somit indirekt zu Fall gebracht. Drecksvirus.
Masken müssen knebeln
Eine Woche später, beim nächsten Shoppingmarathon, ich hatte mir mittlerweile eine herrlich luxuriöse Kunststoffmaske aus dem Baumarkt besorgt, werde ich von der Polizei darauf aufmerksam gemacht, dass diese laut neuerster Verordnung unzulässig seien. Sie würden nicht genug knebeln. Der blaue Ersatzlappen, den mir die hilfsbereiten Beamten ersatzweise überreichten, knebelte hingegen genug. Eine halbe Stunde war ich schon wieder am Taumeln. Ja, die Masken und ich werden wohl keine Freunde mehr werden.
Der Lockdown hat mir den Arsch gerettet
Daher kam mir der harte Lockdown und die damit einhergehende Schließung des Einzelhandels sehr gelegen. Wer weiß, ob ich Weihnachten sonst überhaupt erlebt hätte. Trotzdem bin ich durch meine Knockouts natürlich gefühlt im Status des Risikopatienten angekommen. Impftechnisch stehe ich auf der Aspiranten-Liste jetzt locker im oberen Drittel. Mein konsultierter Lungenarzt sah das zwar anders, – „Sie haben die Lungen eines Marathonläufers“ – aber egal, was weiß ein Pneumologe schon von Corona.
Der chinesische Frostbeulenschutz
Da verlasse ich mich doch lieber auf die chinesischen Hausrezepte meiner Freundin. Seit Winteranfang, dem Li Dong, serviert Weiwei mir regelmäßig Dumplings. Die gefüllten Teigtaschen werden in der kalten Jahreszeit traditionell Ohrenförmig zubereitet, um vor Erfrierungen und Frostbeulen an den Ohren zu schützen.
Wenn ein Waschtag die Woche plötzlich nicht mehr ausreicht.
Hinzu kommt, dass Weiwei wöchentlich von ihrem Arbeitgeber im Büro getestet wird, wodurch ich nachweislich seit Monaten negativ bin. Mir ging es nie besser als im Negativ-Modus. Seit vier Monaten hatte ich keine einzige Erkältungssymptomatik. Das gab’s noch nie. Womöglich hat das ständige Händewaschen auch seinen Teil dazu beigetragen. Hätte ich mal früher wissen sollen, dass man sich mehrmals die Woche waschen kann, wo ich doch einer Generation entstamme, der im Kindesalter beigebracht wurde, dass ein Waschtag die Woche völlig ausreicht. Aber gut, man lernt ja nie aus.
Clean
Mittlerweile bin ich richtig sauber. Das wurde mir sogar von Drogenfahndern bestätigt. Die Jungs hatten doch zwei Tage vor Weihnachten tatsächlich nichts Besseres zu tun, als am hellichten Tag Drogenschnelltests im Münchner Straßenverkehr durchzuführen. Um 11 Uhr vormittags.
Negativ ist das neue Positiv!
Reine Routine, wie die schmallippigen Zivilbeamten mir erklärten. Mein Testergebnis war genauso negativ wie mein Corona-Test. Somit muss ich Weihnachten weder im Knast noch in Quarantäne verbringen. Was für ein Glück, dass ich so ein negativer Mensch bin. Negativ ist das neue Positiv!
Trotzdem bin ich nicht Negativ genug, um Heiligabend mit meinem Sohn und meiner Schwiegertochter zu verbringen. Da es in der Familie Risikopatienten gibt, wurde vereinbart, dass am Heiligabend nur Familienmitglieder mit von der Partie sein werden, die sich vorher zehn Tage in Quarantäne begeben haben.
Wir feiern Weihnachten schon immer maskiert.
Die schönste Nachricht war trotzdem positiv.
Quarantäne kam für mich nicht infrage, auch weil das Visum meiner Freundin drohte an Heiligabend auszulaufen und es eines langwierigen Behördenmarathons bedurfte, um den Verlängerungsantrag durchzuboxen. Der positiv beschiedene Antrag erreichte uns schließlich zwei Tage vor Weihnachten und ist somit die einzige Nachricht, die getrost positiv sein darf. Was für eine schöne Bescherung. Danke, Santa!
Immer wieder unterhaltsam! Weiter so 🙂
When the wine is in the wit is out.